Unsere unerschrockene Gastautorin Tanja Hoff war mal wieder bei einem Gig. Und diesmal hat sie sich sogar aus ihrer Heimatstadt München herausgewagt, um mal was anderes auf die Ohren zu bekommen. Doch lest selbst:
Der "wilde Osten" Deutschlands ist unbedingt eine Reise wert – ganz besonders, wenn SILLY gerade auf Tour sind und man Gelegenheit hat, sie live zu erleben ... Und ja, so eine Gelegenheit habe ich genutzt und bin mit meinem besten Freund extra von München nach Oranienburg gedüst, um das Silly-Konzert im Innenhof des Oranienburger Schlosses – tolle Kulisse übrigens! – zu erleben. Dabei war mir diese Band bis vor etwa einem Jahr noch nicht einmal wirklich ein Begriff, bin ich doch ein Wessi-Kind und hatte bisher mit Ost-Rock-Bands nicht viel am Hut.
Zur Info: Silly wurde 1978 in Ost-Berlin noch unter dem Namen "Familie Silly" gegründet. (Die DDR-Behörden erlaubten zunächst "Silly" allein nicht wegen des Anglizismus!) Damals und für viele erfolgreiche Jahre war Tamara Danz die populäre und unverwechselbare Frontfrau der Band. Ritchie Barton (Keyboards) kam 1982 und Jäcki Reznicek (Bassgitarre) und Uwe Hassbecker (Gitarre, Geige) stießen 1986 dazu. Die drei Jungs waren also auch dabei, als 1996 eines der Top-Alben der Band "Paradies" erschien. Im selben Jahr erlag Tamara viel zu jung ihrer Krebserkrankung, und Silly lag gewissermaßen auf Eis, was die Männer veranlasste, vorübergehend eigene Wege zu gehen. 2005 starteten sie aber dann ein Comeback: Silly & Gäste traten mit Gastsängern auf, zu denen auch Anna Loos zählte. Die Chemie stimmte und sie durfte bleiben. So erschienen 2010 das Album "Alles Rot" und die fantastischen Single-Auskopplungen "Ich sag nicht ja" und "Alles Rot".
Bei zweifelhaftem Wetter, aber dafür herrlicher Stimmung, drängten wir uns im Juli 2011 vor der Bühne im Oranienburger Schlosshof, und es wurde ein bewegtes, bewegendes, mitreißendes Konzert. Silly spielten fast alle Songs vom der aktuellen Scheibe, aber auch viele der beliebten früheren Werke. Anna kündigte irgendwann ein paar Nummern aus der "alten Silly-Schatzkiste" an: ein Medley aus alten Songs, die man ursprünglich von Tamara Danz gesungen im Ohr hatte ... wunderschön, ohne Worte ... ich war hin und weg! Besonders schön fand ich, dass die Band auf der Bühne eine geradezu perfekte Harmonie ausstrahlt. Die haben sich richtig gern! Und diese wunderbar familiäre, sympathische Atmosphäre, sprang auch prompt aufs Publikum über.
Die "Familie" Silly bestand auf der Bühne natürlich nicht nur aus Anna, Jäcki, Ritchi und Uwe (der sich nicht nur als wilder Gitarrenrocker sondern auch als gefühlvoller Geiger zeigte). Uwes Sohn Daniel war an Cello, Gitarre und Keybords mit dabei; Reinhard "Reini" Petereit an der zweiten (bis etwa 15.) Gitarre (ja, der Mann verbrauchte ein ganzes Arsenal an unterschiedlichsten Klampfen); und schließlich Ronny Dehn am Schlagzeug. Eine tolle Truppe! Das fand wahrscheinlich auch die kleine Tochter eines der Bühnenmusiker. Lieblingssong der wohl jüngsten Zuhörerin war "Mein Kapitän", denn dazu rockte das blonde Engelchen am Bühneneingang mit Schallschutz-Micky-Maus-Ohren auf dem Kopf tierisch ab. ZUCKERSÜSS!!!
Wenn Silly nicht sofort nach dem Konzert hätten weiterreisen müssen, wäre ich todsicher auch noch auf Autogrammjagd gegangen, so habe ich mich lediglich mit Merchandising-Shopping aufgehalten. In meinem Schrank gibt’s jetzt ein Shirt mit dem Aufdruck "Ich sag nicht ja". Was soll ich sagen? Ich glaube, ich bin Fan geworden ... (th)